Interview mit Mirco Colombo

01.10.2021

Mirco Colombo ist seit Oktober 2021 als Partner bei ZWEI Wealth tätig. Er ist als Experte direkt in der Kundenberatung tätig und im Speziellen für die Region Aargau verantwortlich.

Du hast in den letzten Jahren sehr erfolgreich als Berater bei einer Grossbank gearbeitet. Was hat Dich dazu bewogen, etwas zu verändern?  

Der Wandel in der Finanzbranche ist in vollem Gange und scheint sich während der Pandemie noch beschleunigt zu haben. Dabei ist auffallend, wie sich auch die Kundenbedürfnisse verändern. Kundinnen und Kunden sind heute kritischer und eine langjährige Kundenbeziehung bzw. die Kundentreue haben nicht mehr denselben Stellenwert. Diese Faktoren, gepaart mit der zunehmenden, internen Standardisierung der Angebote innerhalb der Vermögensverwaltung verringerten den Horizont und Wirkungskreis in der Kundenberatung und liessen mich die Anstellung bei der Grossbank überdenken.

Die Opportunität, in der neuen Rolle unabhängig und ohne Interessenkonflikte zu beraten sowie im Rahmen des von ZWEI Wealth entwickelten Ecosystems aus über 400 Finanzdienstleistern die individuell beste(n) und kosteneffizienteste(n) Variante(n) auszuwählen, finde ich äusserst reizvoll. Ich bin überzeugt, dass diese neue Art der Beratung den Nerv der Zeit trifft.

 

Man redet ja oft von sich verändernden Kundenbedürfnissen. Hast Du in den letzten Jahren eine Veränderung wahrgenommen, gibt es beispielsweise veränderte Bedürfnisse?

Die Erfahrungen aus dem Tagesgeschäft sowie die erhaltenen Kundenfeedbacks münden in folgende beiden Kernaussagen:

Zum einen können sich Kundinnen und Kunden heute einfacher und fundierter informieren als früher, wodurch sie gewisse Produkte und Dienstleistungen besser hinterfragen bzw. vergleichen können. Dadurch sind sie zunehmend kritischer eingestellt und verlangen mehr Transparenz in der Vermögensverwaltung.
Zum anderen bekunden sie aber trotzdem Mühe, bei der Vielfalt der Angebote den Überblick zu behalten und wissen oftmals nicht, auf welche(n) Player(s) sie sich verlassen können, damit sie Wünsche und Ziele möglichst sorgenfrei, effizient und risikoadjustiert erreichen können.

Fazit:

Anpassungsfähigkeit und Sensibilisierung sollte die Devise eines erfolgreichen Anbieters sein. Ich stelle aber fest, dass die Finanzinstitute gegenwärtig den Fokus (zu) sehr auf die Digitalisierung sowie die damit verbundene Standardisierung ihrer Produkte und Dienstleistungen legen und dabei den sich verändernden, individuellen Bedürfnissen ihrer Klientel (zu) wenig Beachtung schenken.

 

Wie definierst Du aus heutiger Sicht gutes Wealth Management?

Es kann von gutem Wealth Management die Rede sein, wenn sich die Kundinnen und Kunden verstanden sowie ernst genommen fühlen und der Wealth Manager ihr Vertrauen geniesst, was in der Finanzbranche essenziell ist.

Aller Anfang macht die Kennenlernphase, wo aus Kundenoptik die Transparenz, Seriosität und Professionalität im Vordergrund stehen. Dies zusammen mit der fundierten Bedürfnisabklärung (wir definieren diesen Schritt als plan.) durch den Wealth Manager bildet die Basis. Bereits in diesem Stadium sollte sich anhand der finanziellen Situation die Komplexität herauskristallisieren. Davon abgeleitet, können erste individuelle Varianten diskutiert und ein erster Lösungsansatz definiert werden (gleichbedeutend mit dem Schritt find.). Die Kundin bzw. der Kunde muss hier zu jeder Zeit spüren, dass wir bestrebt sind, die beste Lösung für sie/ihn zu finden. Die Kundinnen und Kunden, welche notabene für die gewählten Produkte und Dienstleistungen bezahlen, haben das Recht, das zu bekommen, was sie „bestellt“ haben und ihnen in Aussicht gestellt wurde.
Nach Umsetzung bedarf es einer engen Begleitung und periodischen Überprüfung des eingeschlagenen Weges (die Phase control.) Bei der Einbindung der Kundschaft ist darauf zu achten, dass die oftmals komplexen und kaum fassbaren Finanzthemen verständlicher gemacht und der Nutzen besser aufgezeigt werden.

 

Du gehörst zur jungen Generation Wealth Managers. Wie sieht für Dich Wealth Management in 10 Jahren aus – Dein positives Szenario?

Zunächst wird es spannend sein zu sehen, wie und in welcher Geschwindigkeit die sich von mir oben erwähnten Kundenbedürfnisse weiter verändern werden und wie die Finanzdienstleister darauf reagieren können und wollen.
Ich stelle mir vor, dass in unserer Branche der Faktor Mensch wieder mehr ins Zentrum rücken wird. Damit meine ich die Kundinnen und Kunden, aber auch die Rolle des Wealth Managers wird an Wichtigkeit zunehmen. Ein Wealth Manager sollte partnerschaftlich und auf Augenhöhe agieren sowie mit den nötigen sogenannten Soft Skills ausgestattet sein. Hier wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Zudem ist es elementar, dass der Wealth Manager weder an eine (zu) eingeschränkte, hauseigene Produktepalette gebunden, noch von einem falschen, internen Anreizsystem getrieben ist.

Je nach Entwicklung in den Bereichen unabhängige Finanzberatung bzw. Open Banking liessen sich z. B. Services wie Hypotheken / Versicherungen / Vorsorge oder auch finanzfremde Bereiche ebenfalls auf diesem Wege aus einer Hand anbieten, sodass die Kundschaft auch für diese Themen auf dieselbe Vertrauensperson, welche in ihrem Sinne handelt und nur von ihr bezahlt wird, zählen kann.

 

Du bist in der Region Aargau verwurzelt. Was zeichnet für Dich diese Region der Schweiz aus?

Der Aargau charakterisiert sich als ländlicher Kanton mit idyllischen Naturlandschaften, vier Thermalbädern sowie zahlreichen Schlössern und Burgen. Nicht zu vergessen: das Wasserschloss, wo sich Aare, Limmat und Reuss vereinigen. Bekannt ist die Region als bedeutender Forschungs- und Industriestandort. Die Lage zwischen den Wirtschaftszentren Zürich und Basel sowie die zumeist gute Anbindung an das Zug- bzw. Autobahnnetz machen den Kanton Aargau zu einer attraktiven Wohngegend und/oder Arbeitsstätte. Auch ich schätze all diese Faktoren und habe mich im Limmattal niedergelassen.

 

Zum Schluss noch ein paar Entweder-oder-Fragen:

 

Rendite oder Risiko?
Risiko. Dieses wird zu oft unterschätzt bzw. zu wenig pointiert kommuniziert. Zu sehr besteht die Gefahr, dass die mögliche Rendite so verlockend ist, dass zu riskante Entscheidungen getroffen werden. Darum immer auch die Kehrseite der Medaille im Auge behalten.

 

ETF oder Einzeltitel?
Einzeltitel. Da weiss man, was man hat.

 

Apple oder Google?
Apple überzeugt mich mit seiner Innovationskraft, während ich Google (Alphabet) eher als Mittel zum (Such-)Zweck verwende.

 

Bier oder Wein?
An einem warmen Sommerabend gerne ein kühles Blondes. Dank den unzähligen, neu entstandenen  Mikrobrauereien im Land kennt die Auswahl kaum Grenzen. Zu einem guten Essen darf der passende Wein aber auch nicht fehlen.

 

Kino oder Netflix?
Eindeutig Kino. Nichts geht über eine Tüte Popcorn (die bekanntlich nur im Kino so gut schmeckt) sowie Bild und Ton auf allerhöchstem Niveau.

 

Schnell oder genau?
Eine Kombination aus beidem. In unserem Business ist sicher anfänglich die Genauigkeit bei einer soliden Bedürfnisabklärung und Planung zentraler, ehe dann bei der Umsetzung sowie bei sich ändernden Parametern auch Schnelligkeit gefragt ist.